ARGE MED-Newsletter 05/2017
OGH bestätigt Ablehnung von Forderungen einer OP-Patientin
Nach einer lege artis Bandscheiben-OP wurde eine Ärztin auf EUR 30.000,- Schmerzengeld und Kostenersatz geklagt. Der Vorwurf der Patientin lautete auf unzureichende Aufklärung über die Vorteile der Fortführung einer konservativen Therapieform.
Nach dem Gang durch alle drei gerichtlichen Instanzen hat der OGH nun das ablehnende Urteil endgültig bestätigt. Begründung: Nur dann, wenn für den konkreten Behandlungsfall mehrere medizinisch gleichwertige Behandlungsmethoden zur Verfügung stehen, die für den Patienten eine echte Wahlmöglichkeit darstellen, aber unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen haben, muss der Arzt über die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Methoden informieren und diese mit dem Patienten abwägen.
Details zum Anlassfall: Die Klägerin erlitt einen Bandscheibenvorfall. Beim Besuch eines Facharztes wurden der Klägerin anhaltende starke Beschwerden bei Therapieresistenz auf intensive konservative Maßnahmen attestiert. Der Facharzt empfahl der Klägerin eine Dekompressionsoperation, die in der Folge stationär durchgeführt wurde. Im Spital kam die Patientin mit dem bereits fest gefassten Operationswunsch und der unter Tränen vorgebrachten Bitte um einen möglichst raschen OP-Termin zur Chirurgin. Der Entschluss für den operativen Eingriff stand demnach bei der Patientin ohne Zweifel fest. Nach der OP begehrte die Patientin vom Krankenhausträger jedoch Schmerzengeld und Kostenersatz für eine Haushaltshilfe. Ihre Anklage lautete: Sie sei von der Ärztin nicht über die Vorteile der Fortsetzung der konservativen Therapie aufgeklärt worden. Alle Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab.
Der Oberste Gerichtshof bestätigte diese Entscheidung mit folgender Begründung:
Grundlage für die Haftung eines Arztes oder Krankenhausträgers beim Vorwurf der Verletzung der Aufklärungspflicht ist in erster Linie das Selbstbestimmungsrecht des Patienten. Der Patient muss in die konkrete Behandlungsmaßnahme dezidiert einwilligen. Für den Umfang der ärztlichen Aufklärung ist entscheidend, dass der Patient als Aufklärungsadressat die für seine Entscheidung (Zustimmung zum Eingriff) maßgebenden Umstände erfährt, sodass er über eine ausreichende Entscheidungsgrundlage verfügt.
Stehen für den konkreten Behandlungsfall mehrere medizinisch gleichermaßen indizierte und übliche Behandlungsmethoden zur Verfügung, die im Sinne einer echten Wahlmöglichkeit gleichwertig sind, aber unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen haben, so ist über die zur Wahl stehenden diagnostischen oder therapeutischen adäquaten Alternativverfahren zu informieren und das Für und Wider (Vorteile und Nachteile: verschiedene Risiken, verschieden starke Intensitäten der Eingriffe, differierende Folgen, Schmerzbelastungen und unterschiedliche Erfolgsaussichten) mit den Patienten abzuwägen.
Im vorliegenden Fall lagen bei der Klägerin therapieresistente Beschwerden vor, sodass von einem Scheitern der konservativen Therapie auszugehen war. Demnach bestand für die Klägerin keine echte Wahlmöglichkeit in Bezug auf eine Fortsetzung der konservativen Therapie. Damit ist eine Pflicht zur Aufklärung über die Für und Wider – hier vor allem über die Erfolgsaussichten – der beiden von der Klägerin ins Treffen geführten Behandlungsmethoden zu verneinen.
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