12-Stunden-Tag und 60-Stunden-Woche

 

Die Änderungen im Arbeitszeitgesetz (AZG) sind per 1. September 2018 in Kraft – was sie konkret für die Praxis bedeuten und welche Grenzen künftig gelten, fassen wir hier zusammen.

 

Ausweitung der maximalen Arbeitszeiten

Nach wie vor sieht das Arbeitszeitgesetz eine Normalarbeitszeit von 8 Stunden täglich bzw. von 40 (in manchen Branchen 38,5) Wochenstunden vor – diese Regelung bleibt unverändert. Das neue Arbeitszeitrecht erweitert jedoch die zulässige Höchstarbeitszeit von bisher 10 auf nunmehr 12 Stunden täglich, wobei es keiner besonderen Begründung für definierte Ausnahmefälle mehr bedarf – es ist weder eine gesonderte Vereinbarung mit dem Betriebsrat noch die Genehmigung durch einen Arbeitsmediziner erforderlich. Die wöchentliche Obergrenze steigt von 50 auf 60 Arbeitsstunden; die generelle Anhebung dieser Höchstgrenzen bewahrt Arbeitgeber bei erhöhtem Arbeitsbedarf vor nachträglichen Verwaltungsstrafen.

 

Bestehende Arbeitszeitmodelle

Auch bei Gleitzeitmodellen steigt die tägliche Arbeitszeitgrenze von bisher 10 auf nunmehr 12 Stunden – unter der Voraussetzung, dass Zeitguthaben ganztägig und auch im Zusammenhang mit einer wöchentlichen Ruhezeit verbraucht werden können, wobei der Verbrauch in Verbindung mit dem Wochenende eine Vier-Tage-Woche für Arbeitnehmer ermöglicht. Bei selbstbestimmter Einteilung der Arbeitszeit durch den Arbeitnehmer fällt beim 12-Stunden-Tag kein Überstundenzuschlag an; werden Arbeitsstunden über die geltende Normalarbeitszeit von 8 Stunden täglich bzw. 40 Stunden wöchentlich hinaus jedoch angeordnet, gelten sie als Überstunden, die wie bisher mit 50% Zuschlag abzurechnen sind. Bereits bestehende Gleitzeit- und Betriebsvereinbarungen und Kollektivverträge, die für den Arbeitnehmer günstigere Bestimmungen enthalten, sind weiterhin gültig.

 

Ablehnungsrecht für Arbeitnehmer

Arbeitnehmern steht es frei, Überstunden ohne Angabe von Gründen abzulehnen, wenn die Tages-/Wochenarbeitszeit von 10 bzw. 50 Stunden überschritten wird (für die Ablehnung der 9. und 10. Arbeitsstunde am Tag müssen wie schon bisher „berücksichtigungswürdige Interessen“ vorliegen). Die Ablehnung darf zu keinen Benachteiligungen, Versetzungen oder Kündigungen führen und sich nicht negativ auf Entgelt oder Karrieremöglichkeiten auswirken. Leisten Arbeitnehmer eine 11. oder 12. Arbeitsstunde am Tag, können sie selbst bestimmen, ob diese Überstunden mit Geld oder als Zeitausgleich abgegolten werden.

 

Maximal 20 Überstunden pro Woche

Waren bislang pro Arbeitnehmer 5 Überstunden pro Woche und weitere insgesamt 60 Stunden pro Kalenderjahr erlaubt, sind nun wöchentlich maximal 20 Überstunden zulässig. Im Durchrechnungszeitraum von 17 Wochen – der sich bei entsprechendem Kollektivvertrag auf bis zu 26 Wochen verlängern kann – darf die durchschnittliche Wochenarbeitszeit allerdings 48 Stunden nicht überschreiten.

 

Ausnahmen im Arbeitszeitgesetz

Neu definiert ist die Nichtanwendbarkeit des Arbeitszeitrechts für bestimmte Personengruppen, zu denen neben Familienangehörigen des Arbeitgebers wie Eltern, Kinder oder Ehepartner die erste und zweite Führungsebene zählen. Ausgenommen vom Geltungsbereich des AZG sind nun auch leitende Angestellte und Arbeitnehmer, denen maßgebliche selbständige Entscheidungsbefugnisse übertragen sind und deren Gesamtarbeitszeit nicht gemessen oder im Voraus festgelegt wird bzw. vom Arbeitnehmer selbst festgelegt werden kann. Für diesen per Gesetz erweiterten Personenkreis gibt es keine definierte Höchstarbeitszeit, der Arbeitgeber muss grundsätzlich keine Überstunden samt Zuschlägen bezahlen, außer bei anderslautenden kollektivvertraglichen oder gesonderten Einzelvereinbarungen.

 

Verringerte Ruhezeiten

Besteht vorübergehend ein besonderer Arbeitsbedarf, können an maximal vier nicht aufeinanderfolgenden Wochenenden oder Feiertagen Ausnahmen von der Wochenend- und Feiertagsruhe mit dem Betriebsrat vereinbart werden; Zeitguthaben oder Zeitschulden im Rahmen von Kollektivverträgen mehrmalig in nächste Durchrechnungszeiträume übertragen werden. In Tourismusbetrieben mit geteilten Diensten und Unterbrechung dieser Dienste von mindestens drei Stunden reduziert sich die tägliche Mindestruhezeit von 11 auf 8 Stunden, es muss jedoch ein Ausgleich durch Verlängerung einer anderen täglichen Ruhezeit – ev. zu einem späteren Zeitpunkt – erfolgen.


 
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